nach Klabund
“Neulich trieben die Gelüste einen Jüngling zu mir her, der mich auf die Stirne küsste. Ach, ich sehe ihn nicht mehr.”_
Obiger Stoßseufzer entfährt Haitang, als sie sich ihres ersten Kavaliers entsinnt. Haitang ist ein Teemädchen, eine, Kurtisane, die in China den Herren der Schöpfung neben den Freuden der Liebe noch allerlei kulturelle Extras wie Schachspiel, Musik und Gesang zu bieten hat. Haitangs Vater hat sich wegen Schulden umgebracht, das Mädchen verdingt sich als Teemädchen und wird ausgerechnet von dem schurkischen Herrn Ma ersteigert, der ihre Misere verursacht hatte. Der aber – von Udo Martin mit ausgesuchter Despotie gespielt – besinnt sich eines Besseren. Haitang schenkt ihn einen Sohn und stößt damit die unfruchtbare Hauptfrau (Andrea Gerhard) ‘vom Thron und aus der Erbfolge. Doch just, als Herr Ma seine verschüttete Menschlichkeit entdeckt, stirbt er an Gift. Erneuter Absturz. Korruption an allen Fronten, die Hauptfrau zieht sämtliche Strippen, das Kind sei angeblich nicht Haitangs, wohl aber das Gift. Haitang scheint vor Gericht verloren. Auch wenn ein dicker Zuckerguss über dem chinesischen Moralkuchen liegt, haben Autor Klabund und Regisseurin Brigitte Döring doch ein paar zackige politische Splitter hineingebacken. Das beginnt bereits bei Haitangs Begutachtung durch den Zuhälter (Alex Werner), und gipfelt in den Attacken von Haitangs aufsässigem Bruder (Martha Unterhofer), der bei Döring zu einer Schwester mutiert und als Mischung aus Terrorist und Werkzeug der Nemesis zwar umstürzlerische Parolen äußert, in seinen Aktionen jedoch auf halbem Wege stecken bleibt. Sehr lustig agiert der Richter, der zwischen seinen Aktendeckeln ungeniert Wurst und Bier verzehrt und der lange Zeit zwischen Wahrheitsfindung und’ Korruption changiert.” (FN Reinhard Kalb)
Inszenierung: Brigitte Döring